Stall auf Rädern – alles, was Ihr über Transporte wissen müsst

Ein Interview mit „Easy Rider“

Fotos: EasyRider

1. Liebe Frau Thompson, Sie sind Inhaberin von „Easy Rider“ – ein Unternehmen, das sich auf Pferdetransporte spezialisiert hat. Sie sagen über sich selbst, Sie betreiben quasi „einen Luxusstall auf Rädern“. Was macht Ihr Konzept so besonders?

EasyRider - ein 3,5 Tonnen Pferdetransporter.

Ich denke, die Besonderheit liegt im Wesentlichen in unserer Betrachtungsweise. Unser Herzensanliegen ist es die Individualität unserer Kunden anzuerkennen - insbesondere unserer Fahrgäste! Wir transportieren Lebewesen, kein Stückgut! Bei „Team EASY” dreht sich alles um das Wohlergehen der Pferde – unsere Schützlinge und um den „Seelenfrieden” der Besitzer. Aus diesem Grunde haben wir uns auch für Individualtransporte mit 3,5 Tonnen Pferdetransportern entschieden, denn Sie bieten die gröβtmöglichste Nähe zum Pferd. Nur so kann man den individuellen Anforderungen der Pferde und ihrer Besitzer während eines Transportes gerecht werden. Der Transportraum ist voll auf die Bedürfnisse eines Pferdes während eines Transportes ausgerichtet. Sicherheit, Ruhe, Bequemlichkeit und der beruhigende Kontakt, das braucht ein Pferd bei einem Transport.

Neben der Nähe zum Pferd ist für uns auch die enge Kommunikation mit den Besitzern wichtig. Ein Pferdetransport ist für unsere Auftraggeber meist eine aufregende Angelegenheit. Da schafft Transparenz durch mediale und technische Dokumentation Entspannung auf allen Seiten. Die Tatsache, dass wir unsere Pferdetransporte filmen, hat uns da viel Vertrauen eingebracht. Unsere langjährige Erfahrung zeigt, dass die Transparenz, die durch diese Filme entsteht, sehr geschätzt wird. Wer sein Pferd mit uns auf die Reise geschickt hat, kommt meist auch wieder und wird Teil einer ”Familie”, die stetig wächst und in der das „Du” schon selbstverständlich ist. Pferdetransporte verbinden. Wir dokumentieren die Transporte von A-Z, schaffen ein gewisses Maβ an Sicherheit und können dem Kunden die Aufnahmen als „Souvenir” zur Verfügung zu stellen.

2. Was bedeutet eigentlich Pferde „sicher“ transportieren? Worauf muss ich als Pferdebesitzer achten, wenn ich mein Pferd selbst transportiere?

Wer privat seine Pferde transportiert muss zuallererst sicherstellen, dass sein Gespann in ordnungsgemäßen Zustand ist, generell sollte man seinen Anhänger oder das Transportfahrzeug vor der Fahrt auf Sicherheit und Funktionstüchtigkeit überprüfen. Sind alle Papiere vorhanden? Man sollte auch unbedingt sicherstellen, dass das Zugfahrzeug und der Anhänger zusammenpassen. Ist das Zugfahrzeug für das Ziehen des Pferdehängers zugelassen? Ist das nicht der Fall, besteht bei einem Unfall kein Versicherungsschutz.

Sicherheit beginnt also im Wesentlichen erst einmal mit der Wahl des richtigen Fahrzeuges, dem Einsatz von gut ausgebildetem und erfahrenem Personal und natürlich guter Organisation der Transporte. Neben der aktuellen „EU-Verordnung I/2005“ und dem deutschen „Tiertransport-Handbuch“ kam uns hier bei der Entwicklung unseres Konzeptes natürlich die jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit Pferden zur Hilfe. Die in der Verordnung enthaltenen Vorgaben zu Fahrzeugen und Abläufen im Tiertransport sind ausschließlich auf das Tierwohl, die Transparenz und die Sicherheit von Tiertransporten ausgelegt.

Wichtig ist natürlich sich auch über den Versicherungsschutz für den Pferdetransport Gedanken zu machen. Hier sollte unbedingt vor dem Transport geklärt sein, ob und wie das eigene Pferd versichert ist. Transportiert werden dürfen nur die eigenen Pferde. Gefälligkeiten, wie das Pferd von Bekannten oder Freunden mitzunehmen, die zum Beispiel auf das gleiche Turnier fahren, sieht der Gesetzgeber als gewerblich an – auch wenn kein Geld fließt! Der Transport wäre also nur gestattet, wenn eine entsprechende Transportunternehmer-Zulassung vorhanden ist, das Transportmittel vom Vet-Amt als solches zertifiziert wurde und der Fahrer einen sogenannten Befähigungsnachweis besitzt. Wer sich nicht daran hält, muss mit empfindlichen Strafen rechnen.  

Gute Planung bringt ebenfalls Sicherheit. Wie ist die Wetterlage? Wenn es besonders heiß ist, sollten Transporte früh morgens, spät nachmittags oder nachts geplant werden. Umgekehrt im Herbst und im Winter, wo sich die wärmsten Zeiten zum Transport anbieten. Zur guten Planung zählt auch, Dokumente wie den Equidenpass, Ausrüstungsgegenstände und andere wichtige Dinge wie Heunetz, Wasser und so weiter für den Transport schon am Vortag bereit zu legen.

Pferde sollten generell gut ausgeruht, gut getränkt und gefüttert, geputzt und gesund auf einen Transport geschickt werden. Kraftfutter sollte am Morgen vor dem Transport, aber mindestens 3 Stunden vorher, nicht mehr gegeben werden.

"In der Ruhe liegt die Kraft." Das gilt auch beim Verladen des Pferdes.

Beim Verladen ist es auf jeden Fall ratsam genug Zeit einzuplanen. Ein abgelegener ruhiger Platz ohne Sicherheitsrisiken, ohne Zuschauer, aber mit viel Raum ist ein wesentlicher Bestandteil eines sicheren Verladens! Und: „In der Ruhe liegt die Kraft” – das gilt auch für Pferde. Also, kein Zeitdruck, kein Stress. Und eines noch: Beim Transport sollte man sein Pferd stets im Auge behalten. Bei andauernder Unruhe, extremem Schwitzen oder ungewöhnlichem Verhalten sollte man eine Pause machen, um dem Pferd etwas Ruhe zu gönnen oder ihm Standfestigkeit beim Äppeln oder beim Wasserlassen zu geben. Wer jetzt noch vorausschauend fährt, hat eigentlich alles richtig gemacht.

3. Mit Sicherheit gibt es verschiedene Gründe, warum ich mein Pferd vielleicht nicht selbst transportiere kann: das entsprechende Fahrzeug fehlt, es geht um eine besonders weite Strecke oder gar um einen Notfall. In diesen Situationen sind Sie so schnell es geht vor Ort und passen gut auf die geliebten Schützlinge auf. Wie schaffen Sie einen reibungslosen und stressfreien Ablauf des Transports für die Pferde?

Mit einem intakten Fahrzeug, modernster Technik, entsprechender Ausstattung und dem nötigen KnowHow im Umgang mit Pferden. Unser Transportbereich ist mit zwei geschlossenen Boxen ausgestattet. Pferde werden bei uns räumlich getrennt transportiert, ohne Sicht- und Körperkontakt. Die Seitenwände sind gepolstert und es gibt keine Stangen. Zudem ist der Transportraum gegen Außengeräusche und Temperaturschwankungen isoliert. Man kann sich das Ganze vorstellen wie einen kleinen Stall auf Rädern, den man variabel an die jeweiligen Bedürfnisse anpassen kann. Wir bieten Pferden also quasi einen „Luxus-Stall“ mit 1st Class-Service an.

Wir haben fest vorgegebene Arbeitsabläufe und technische Hilfsmittel, die es uns ermöglichen, einen Transport schon im Vorfeld genauestens zu planen. Unser Flottenmanagement-System kalkuliert die Transportrouten ständig aktuell, damit wir unsere Fahrgäste reibungslos von A nach B transportieren können. Während des Transportes werden alle Daten zur Fahrtroute genauestens via GPS und Telematik im Flottenmanagementsystem aufgezeichnet: Fahrzeiten, Temperatur, Pausen, Fahrtgeschwindigkeit und so weiter. Die Daten im Transportraum werden mittels Temperaturschreiber und Laderampenkontrolle dokumentiert.

Alles gut im Blick? Mit Hilfe von Videoübertragung und einem kleinen Fenster kann auch während der Fahrt nach dem Wohl der Pferde geguckt werden.

 

Auch Audio- und Video-Überwachung findet an Board während der gesamten Fahrtzeit statt. Durch ein Fenster im Transportraum hat der Betreuer die Pferde ständig im Blick, kann mit Ihnen kommunizieren, wenn sie unruhig sind und dem Fahrer mitteilen, wenn Pausen gemacht werden müssen.

4. Worauf sollte ich als Kunde generell achten, wenn ich mein Pferd nicht selbst transportiere?

Grundsätzlich sollte man sich bei einem zugelassenen Transporteur umfassend über den Pferdetransport informieren. Ein gewerbliches Transportunternehmen benötigt nach Tierseuchenrecht eine Registriernummer nach §4 Binnenmarkt-Tierseuchenschutzverordnung. Zudem benötigt es nach Artikel 6 der Verordnung (EG) 1/2005 in Verbindung mit der nationalen Tierschutztransportverordnung zusätzlich eine Zulassung als Transportunternehmer. Grundvoraussetzung der Zulassung als Transportunternehmer ist der Sachkundenachweis zum Tiertransport - der sogenannte Befähigungsnachweis.

Ein Tipp: Ob ein Transporteur zugelassen ist oder nicht, kann man ganz einfach auf dessen Webseite im Impressum feststellen. Dort muss die TU/HIT-Nummer, das zuständige Veterinäramt und eine Kopie des Befähigungsnachweises sowie der Zulassung des Transportmittels zu finden sein. Steuernummer und weitere Angaben verstehen sich von selbst.

Fährt das Unternehmen mit Zugfahrzeug und Anhänger oder ab 3,5 Tonnen aufwärts, dann benötigt es zusätzlich eine Güterkraftverkehrslizenz. Fährt es EU-weit, dann benötigt es zusätzlich eine sogenannte Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr.

Es liegt im Pflichtbereich des Auftraggebers sich hier zu informieren. Wichtig ist: Fehlt auch nur eine dieser Lizenzen oder Zulassungen, kann es teuer werden. Zudem besteht in solchen Fällen keinerlei Versicherungsschutz. Ansonsten sollte man ganz genau wissen, welche Art von Transport für das eigene Pferd am besten geeignet ist.

5. Es gibt wirklich unendlich viel zu beachten, wenn ich mit Pferden reise. Für die Einen ist es bestimmt Routine, für die Anderen ein aufregendes Unterfangen. Können Sie uns eine kleine Checkliste nennen, was auf dem Transport nicht fehlen darf, sozusagen die "Top Fünf" des Handgepäcks von unserem Vierbeiner?

Das Wichtigste ist auf jeden Fall der Equidenpass! Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Equidenpass immer mitzuführen ist, um eine eindeutige Identifizierung des Equiden jederzeit gewährleisten zu können. Hat man diesen nicht umgeschrieben, ist man gut beraten, beim Transport auch den Kaufvertrag mitzuführen.

Zu meinen Top Fünf:
1. Ein Erste-Hilfe-Paket für Pferde sollte immer an Board sein. Das kann man sich von seinem Tierarzt zusammenstellen lassen.
2. Ein gut sitzendes, im Nacken und am Nasenrücken gepolstertes Transporthalfter und ein Strick.
3. Eine Abschwitz- beziehungsweise Transportdecke
4. Wasser und Tränkeeimer
5. Schwamm und Handtücher

Wir haben zudem immer eine Hengstkette und eine Longe dabei. Ansonsten richtet sich die Packliste auch nach den Bedürfnissen des jeweiligen Pferdes.

Los geht's! Das Pferd und EasyRider sind abfahrbereit.

6. Verreise ich mit meinem Pferd international, reicht der Equidenpass nicht mehr aus. Nun muss der Amtstierarzt prüfen, ob mein Pferd auch fit für den Transport ist. Sie haben darin bestimmt Routine. Wann wird eine amtstierärztliche Gesundheitsbescheinigung benötigt, wann auch eine TRACES-Meldung? Und gibt es Ausnahmen, zum Beispiel für Ausritte oder Wanderritte in Grenzregionen?

Der Gesetzgeber unterscheidet bei den Anforderungen zwischen registrierten und unregistrierten Equiden und hierbei wieder zwischen Equiden, die für den Handel bestimmt sind, und Zucht beziehungsweise Nutzequiden. Ich möchte hier aber nur auf den Regelfall im privaten Umfeld eingehen, dem registrierten Sport- beziehungsweise Freizeitpferd.

Will man mit seinem Pferd innerhalb der EU verreisen benötigt man in jedem Falle den Equidenpass, egal wo und wie man mit seinem Pferd unterwegs ist. Bei allen weiteren Begleitdokumenten muss man ganz genau den Zweck und die Dauer der Reise betrachten.

Fahren Sie zum Beispiel mit Ihrem Pferd lediglich auf ein Turnier ins Ausland oder planen einen vorübergehenden Aufenthalt von weniger als 10 Tagen, genügt eine einfache Gesundheitsbescheinigung in Papierform. Diese wird durch einen amtlichen Tierarzt ausgestellt und gilt 10 Tage. Diese Gesundheitsbescheinigung muss das Tier vom Herkunftsort bis zum Bestimmungsbetrieb begleiten. Achtung: Für jeden Grenzübertritt ist eine erneute Gesundheitsbescheinigung erforderlich. Ein Rücktransport mit der gleichen Bescheinigung innerhalb der 10 Tage ist nicht möglich! Ausgenommen sind dabei maximal 24-stündige Ausflugsritte nach Deutschland.

Bei einem Aufenthalt des Pferdes über 10 Tage hinaus verlangt der Gesetzgeber die Ausstellung eines sogenannten TRACES-Dokumentes. Das TRACES Dokument ist quasi der Nachweis, dass das Pferd veterinäramtlich in Augenschein genommen wurde, identifiziert, für gesund und transportfähig erklärt wurde und der Transport des Pferdes ordnungsgemäß via TRACES erfasst und dem zuständigen Veterinäramt am Zielort angekündigt ist.

Eine entspannte Reise geht mit der Ankunft am Turnierort zu Ende.

7. Und zu guter Letzt, gab es einen besonderen Transport oder ein besonders schönes Erlebnis im Zusammenhang mit einem Pferdetransport, das Sie nie vergessen werden?

Jedes Pferd ist etwas Besonderes - es ist hochsensibel und hat weitaus feinere Antennen als wir es uns vorstellen können. Gerade auf Langstreckentransporten erleben wir die Pferde sehr intensiv. Das verbindet, prägt sich ein und hält noch lange nach dem Ende des Transportes an. Auf mancher Heimfahrt habe ich die eine oder andere Träne verdrückt. Für uns sind Pferde auch lebendes Kulturgut und wir haben die große Ehre, diese Tiere in Ihrer Vielfalt und Individualität jeden Tag aufʼs Neue kennenlernen zu dürfen. Das ist nicht vielen Menschen vergönnt. Wir sind dankbar dafür.

8. Vielen lieben Dank, Frau Thompson, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben. Wir wünschen Ihnen und Ihren Vierbeinern alles Gute und stets eine gute Reise.

Ich habe zu danken für die Gelegenheit zu diesem Interview. Auch für die Ausarbeitung eines leistungsstarken Versicherungspaketes für unsere Kunden. Die Deckungslücken im Bereich des gewerblichen Pferdetransportes zu schließen lag uns sehr am Herzen. Dank Ihrer Hilfe sind wir nun in der Lage, unseren Kunden ein hervorragendes Versicherungspaket für die gewerblichen Pferdetransporte anzubieten.

Kommentare

Kommentar von Miriam Pfeifer |

Sehr geehrte Redaktion, Sehr geehrte Frau Thompson,

kaum ein Interview habe ich mit so einer Begeisterung gelesen wie das obige. Ich habe förmlich gemerkt, welchen Stellenwert den Pferden zugetan wird. Und als Pferdebesitzer ist das eine Grundvoraussetzung, denn wir Pferdebesitzer würden alles für unsere Pferde tun. Oftmals gehören Pferde schon seit Jahren zur "Familie" und einem Familienmitglied will ich immer nur gutes tun.

Beim Lesen musste ich sehr oft grinsen, aber im positiven Sinne, denn es hat mir sehr viel Spaß gemacht mitzubekommen, wie versucht wird für die Pferde eine Reise so angenehm zu gestalten wie möglich! Jeder der Pferde hat, denkt vermutlich genauso. Ich bin sehr glücklich mit meinen Pferden, die Arbeit mit ihnen macht mir sehr viel Spaß. Sie erfüllt mich, denn die Pferde geben alles wieder zurück. Und ich könnte mir gar nicht vorstellen, nicht in dieser Branche tätig zu sein. Und momentan überlegen wir in einen neuen Pferdetransporter ( https://rudvan.de/neuer-rudvan-trs-pop-out-5-pferdetransporter-ab-juli-2017-lieferbar/ ) zu investieren, da wir vermutlich nächstes Jahr viel unterwegs sein werden. Und da überlegen wir eben. Aber der Beitrag konnte mir auch nochmal ein paar neue Impulse geben, die man dann beachten kann, wenn die Reise beginnt.

Also vielen vielen Dank und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Mit freundlichen Grüßen

Miriam.

Antwort von Astrid Maierthaler

Vielen lieben Dank Miriam. Wir freuen uns, wenn unsere Berichte gut ankommen und wir Impulse geben können.

Das Team der Münchener & Magdeburger Agrar AG wünscht ein glückliches und gesundes neues Jahr!

 

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