Rusty aus dem Reagenzglas II

Text: Anna Castronovo

Dürfen Klone auf Turnieren starten?

Seit 2009 steht E.T.s Klon im Deckeinsatz. Der Klon hat bereits 15 gesunde Nachkommen gezeugt.

Nachdem der Weltreiterverband FEI im Juni 2012 auf dem FEI Sport Forum den lange umstrittenen Einsatz von Klonen im Sport diskutiert und anschließend offiziell erlaubt hat, zieht Palmer allerdings auch die Zusammenarbeit mit einem Top-Dressurreiter in Betracht. „Die Zucht und Ausbildung von Dressurpferden ist neu für uns – wir sind eher Genforscher als Pferdeleute“, sagt er. „Wir suchen deshalb nach Partnern aus der Dressurwelt, denn wir werden nun auch darüber nachdenken müssen, Klone in den Sport zu bringen.“

Wäre aber die natürliche Konkurrenz noch gewährleistet, wenn man im Parcours gegen drei E.T.s und im Viereck gegen zwei Rustys antreten müsste? Die amerikanische Tierärztin und Genforscherin Dr. Katrin Hinrichs, die an Quidam de Revels Klonprozess beteiligt war, beruhigte damals: „Klonen ist nicht dazu da, um Turniercracks hervorzubringen. Dazu sind die Bedingungen, denen ein geklontes Fohlen sowohl im Mutterleib als auch nach der Geburt ausgesetzt ist, zu unterschiedlich. Zwar hat ein Klon das gleiche Erbmaterial wie seine Vorlage, doch seine Wesensmerkmale sind vermutlich ganz anders. Denn Aufzuchtbedingungen, gute oder schlechte Erfahrungen und nicht zuletzt die Qualität der Ausbildung und des Reiters spielen eine entscheidende Rolle für den Charakter und die Qualität eines Sportpferdes.“

Das sieht auch der Chef-Veterinär der FEI, Graeme Cooke, der beim FEI Sport Forum dabei war, ähnlich: „Es gibt mehrere Gründe, warum ein geklontes Pferd kaum dieselbe Leistungsfähigkeit erzielen wird wie das Original-Pferd, zum Beispiel die Bedingungen in der Gebärmutter, Fütterung und Ausbildung. Klone unterscheiden sich beträchtlich vom Original“, sagt er. „Da die Nachzucht der geklonten Pferde durch konventionelle Methoden, wie natürliche Bedeckung oder künstliche Besamung produziert wird, geht die FEI davon aus, dass das Fair Play aufrechterhalten bleibt. Deshalb wird die FEI die Teilnahme von Klonen und deren Nachzucht an FEI-Veranstaltungen nicht verbieten.“

Den ersten großen Turniererfolg eines geklonten Pferdes konnten die Genforscher im August 2013 verbuchen. Levisto Alpha Z, der Klon den Holsteiners Levisto Z, wurde unter seinem Reiter Kris Christiaens nach vier Nullrunden Elite-Champion und Belgischer Meister der vierjährigen Springpferde.

Birgt Klonen gesundheitliche Risiken?

Der Versuch, Rusty zu klonen, dauerte insgesamt acht Jahre. „Beim Klonen kommen viele Abgänge und Frühgeburten vor“, erklärt Eric Palmer. „Das liegt an einer fehlerhaften Reprogrammierung des Genoms, auch epigenetische Abnormalitäten genannt. Defekte Embryonen gehen ab.“ Die Entstehung der Rusty-Klone ist schwer in Zahlen zu fassen. „Tausende gesammelter Eizellen, Hunderte Zelltransfers, Dutzende Embryonen, über zehn fehlgeschlagene Trächtigkeiten ...“, resümiert der Wissenschaftler. „Die Embryonen, die nach drei Wochen gesund sind, entwickeln sich relativ normal.“

Prof. Dr. vet. med. Eckhard Wolf vom Genzentrum der LMU München hat allerdings eine gesundheitliche Beeinträchtigung bei Klonen beobachtet: „Tatsächlich treten Defekte an verschiedenen Organen bei Klontieren wesentlich häufiger auf, als bei natürlich gezeugten Tieren. Dies kann natürlich mit schweren Leiden für das Tier verbunden sein.“

Auch eine Calvaro-V-Kopie kam erst nach fünf Jahren gesund zur Welt, unter anderem deshalb, weil ein vorheriges Fohlen eine Frühgeburt war und, genau wie einst Dolly, an Arthritis litt. Das gesunde Fohlen war dann bei seiner Geburt schon zu 25 % an Investoren verkauft. Denn das Geschäft mit den Klonen ist nicht nur einem elitären Kreis vorbehalten.

Der Chef-Veterinär der FEI, Graeme Cooke, ist überzeugt: „Klone unterscheiden sich beträchtlich vom Original.“

Teil III der Serie zeigt, wie erfolgreich Klonen bereits in der Tierzucht eingesetzt wird.

Autor

Anna

Gelernte Journalistin, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat: Anna schreibt über Reitlehre, Zucht & Sport, Medizin, Haltung & Fütterung. Sie reitet von Kindesbeinen an und besitzt ein eigenes Pferd.

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