Gift für unsere Pferde - Das Jakobs-Kreuzkraut

Text: Anna Castronovo

Foto: Julia Zech

Pferde reagieren äußerst empfindlich auf die Pyrrolizidin-Alkaloide, die in der gelb blühenden Pflanze enthalten sind. Für sie können 40-80 g Frischmasse je kg Körpergewicht tödlich sein. Das bedeutet, ein Pferd von 600 kg Gewicht müsste 24-48 kg frisches Jakobs-Kreuzkraut fressen, um daran zu sterben. Das klingt erst mal nach viel. Doch das Tückische am Jakobs-Kreuzkraut ist, dass es nicht abgebaut wird. Die Giftstoffe reichern sich also auch bei einer langfristigen Aufnahme kleiner Mengen nach und nach und oft unbemerkt im Pferdekörper an und führen zu irreversiblen Leberschäden.

Das Jakobs-Kreuzkraut im Rosettenstadium

Foto: Anna Castronovo

Besonders gefährdet sind Jungtiere. Ältere Tiere erkennen Pflanzen im fortgeschrittenen Vegetationsstadium meist, da sie einen unangenehmen Geruch verströmen und Bitterstoffe enthalten. Deshalb werden sie oft – aber eben nicht immer – gemieden. Erhöhte Vergiftungsgefahr herrscht dagegen im Frühjahr, denn dann machen sich auf vielen Pferdeweiden junge Pflanzen im Rosetten-Stadium breit. Diese enthalten schon hohe Alkaloid-Konzentrationen, bilden ihre Bitterstoffe aber erst nach 8 bis 10 Wochen. Deshalb werden sie in dieser Phase möglicherweise noch gefressen.

Auch problematisch: Pferde, die auf überbeweideten Flächen stehen, auf denen sie nicht mehr genug Grünfutter finden, kosten aus Fressgier auch manchmal von den giftigen Pflanzen.

Die größte Gefahr besteht aber, wenn das Kreuzkraut ins Heu oder die Silage gerät, da hier der unangenehme Geruch der frischen Pflanzen verloren geht, ihre Giftigkeit jedoch nicht. Vor allem im Spätschnitt kann sich ein hoher Anteil an Blüten befinden. Es sind zwar alle Teile der Pflanze giftig, doch in den Blüten findet sich die höchste Alkaloid-Konzentration. Von Wiesen, auf denen Jakobs-Kreuzkraut wächst, darf daher kein Heu geerntet werden. Übrigens: Wer Heu oder Silage mit dem Kreuzkraut in den Handel bringt, verstößt gegen das Futtermittelhygiene-Recht und kann gegebenenfalls rechtlich belangt werden.

Da es oft erst lange nach der Aufnahme des Jakobs-Kreuzkrautes zu Vergiftungserscheinungen kommt, oder die Giftstoffe erst im Winter mit Heu bzw. Silage aufgenommen und dann nicht mehr mit der Weidesaison in Verbindung gebracht werden, ist es schwer zu sagen, wie viele Tiere tatsächlich daran sterben. Konkrete Zahlen dazu gibt es nicht.

Tausend flugfähige Samen

Jakobs-Kreuzkraut verbreitet sich rasant. Es wächst auf Stilllegungsflächen, Böschungen, Straßenrändern und Ödland. Eine einzige Pflanze kann über 100.000 Einzelblüten und damit Samen hervorbringen. Diese sind winddriftig und können zudem bis zu 25 Jahre lang keimfähig bleiben. Eine Pflanze kann also mehrere tausend Samen bilden, die sich mit dem Wind bis zu 100 Meter weit verbreiten. Damit werden dann offene Böden und lückiges Grünland besiedelt. Oder eben Pferdeweiden. Denn Verletzungen der Grasnarbe durch Trittschäden und die fehlende Konkurrenz von Gräsern aufgrund von Überbeweidung und vernachlässigter Nachmahd bieten ideale Bedingungen. Die Samen des Jakobs-Kreuzkrautes benötigen nämlich offenen Boden zum Keimen. Die erste Maßnahme gegen das giftige Kraut ist deshalb eine geschlossene Grasnarbe.

Als mögliche Gründe für die Zunahme der Giftpflanze sehen verschiedene Landwirtschaftskammern höhere Temperaturen sowie die Zunahme von Stilllegungsflächen und Naturschutzgebieten. Es wird zudem angenommen, dass die Samen vereinzelt in Mischungen zur Begrünung von Wildäckern und Brachen enthalten gewesen sein könnten. Auch Pferdehalter können - schlicht aus Unkenntnis - mit Schuld an der Ausbreitung sein. Denn Pferdehaltung durch Menschen, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, führt oft dazu, dass Weiden nicht genug gekalkt und gedüngt werden und die Narbenpflege vernachlässigt wird.

Wichtig: Geschlossene Grasnarbe

Die beste Vorbeugung ist eine geschlossene Grasnarbe auf der Weide.

Foto: Anna Castronovo

Eine gute Grasnarbe bekommt man, wenn diese zu mindestens 70 % aus hochwertigen Gräsern mit einem ausgewogenen Anteil an Ober- und Untergräsern besteht. Am besten sind natürlich robuste Gräsersorten, die unempfindlich gegen Nässe, Dürre, Frost und Krankheiten sind. Der Kräuteranteil soll rund 5 -10 % betragen. Eine gute Grasnarbe ist eben und trittfest, dicht und ohne Lücken.

Auch wichtig: Giftpflanzen sofort entfernen! In kleineren Beständen kann man sie ausreißen oder ausstechen und muss dann nachsähen. Bei der Entsorgung sollten allerdings Handschuhe getragen werden, damit man sich nicht selbst durch das Gift schädigt. Dann geht es ab in die Restmülltonne oder in die Verbrennung. Landen die ausgestochenen Pflanzen auf dem Misthaufen oder im Kompost, bleiben die Samen keimfähig und werden durch die Verteilung des Mistes bzw. Kompostes noch weiter verbreitet.

Am einfachsten ist es natürlich, im Frühjahr schon die Rosetten auszustechen. Wird der Wachstums-Rhytmus nicht unterbrochen, bildet Jakobs-Kreuzkraut als zweijährige Art im ersten Jahr nur eine Blattrosette, überwintert in diesem Stadium und bildet erst im zweiten Jahr die Blüte aus. Im Frühsommer lassen sich deshalb beide Wachstumsstadien nebeneinander finden.

Jakobs-Kreuzkraut lässt sich auch durch verstärkte Düngung bekämpfen. Durch eine Stickstoff-Düngung von 60 - 80 kg N/ha und Jahr kann man den Graswuchs fördern und das Kraut damit zurückdrängen.

Eine einfache Methode ist auch ein regelmäßiger Schnitt vor der Blütenbildung. Bei der Mahd im voll aufgeblühten Stadium können nämlich bis zu 75 % der Samen nachreifen und sind fruchtbar. Außerdem ist Jakobs-Kreuzkraut nicht schnittverträglich. Bei einer mindestens dreimaligen Schnittnutzung kann es sich nicht mehr auf der entsprechenden Fläche entwickeln und wird damit langfristig verdrängt. Aber Achtung: Mit Mähmaschinen kann man Samen wiederum weitertragen und verteilen!

Wegen der hohen Alkaloid-Konzentration sollte die Pflanze bereits im Rosetten-Stadium ausgestochen werden.

Foto: Anna Castronovo

Kampf mit der Chemiekeule?

Eine chemische Bekämpfung sollte nur durchgeführt werden, wenn die anderen Maßnahmen nicht ausgereicht haben. Pflanzengifte sind oft bedenklich für die Umwelt. Chemische Maßnahmen sind deshalb nur auf landwirtschaftlichen Flächen und durch sachkundige Personen zulässig.

Sie sollten dann durchgeführt werden, wenn die Pflanzen sich im Rosetten-Stadium befinden bzw. eine Wuchshöhe von ca. 10 - 20 cm aufweisen. Wenn es sich nur um einzelne Nester handelt, kann eine Einzelpflanzen-Behandlung mit der Rückenspritze oder dem Streichstab durchgeführt werden. Bei hohem Besatz auf der Weide ist nur noch eine Flächenbehandlung mit entsprechenden Pflanzenschutzgeräten durch sachkundige Unternehmen oder Landwirte möglich.

Vorsicht: Chemisch behandelte Pflanzen müssen auf jeden Fall entfernt werden, bevor Pferde wieder auf die Weide dürfen! Sie behalten, wie bei der Trocknung, ihre potenzielle Giftigkeit, werden aber von den Pferden aufgrund der veränderten Eigenschaften oft gefressen. Auch wichtig zu wissen: Die Herbizide wirken nicht nachhaltig; ihr Einsatz muss eventuell wiederholt werden.

Der Kampf mit der Chemiekeule wird deshalb nur bei einer intensiven und großflächigen Verseuchung empfohlen. Nach einer erfolgreichen Behandlung müssen auch hier die Narbenlücken wieder nachgesät werden. Denn die geschlossene Grasnarbe ist und bleibt die beste Vorbeugung.

 

Das Jakobs-Kreuzkraut vor der Blüte

Foto: Aiko Huckauf

Vergiftungs-Symptome beim Pferd

Die Symptome einer Vergiftung mit Jakobs-Kreuzkraut sind Leistungsabfall, Lethargie oder Unruhe (walking disease), Gewichtsverlust wegen Futterverweigerung, Fotosensibilität, Gelbfärbung der Bindehäute, Magen- und Darmbeschwerden, Krämpfe, Verwerfen und starke Leberschädigungen (Seneciose oder Schweinsberger Krankheit).

Die Behandlung einer solchen Vergiftung ist meist aussichtslos, da die Leber irreversibel geschädigt wird. Bei akuten Fällen tritt der Tod innerhalb weniger Tage ein, bei chronischer Vergiftung oft erst nach Wochen oder Monaten.

Autor

Anna

Gelernte Journalistin, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat: Anna schreibt über Reitlehre, Zucht & Sport, Medizin, Haltung & Fütterung. Sie reitet von Kindesbeinen an und besitzt ein eigenes Pferd.

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

* Pflichtfelder müssen ausgefüllt werden

Zurück